Gioncada, Timoteo

Die Informationen über Timoteo Gioncada und seine Churer Seidenmanufaktur sind spärlich. In einem Artikel im Bündner Monatsblatt von 1999 beschreibt Silvio Margadant das Geschäft anhand von zwei Dokumenten von 1606 und 1615 und weiteren Quellen. Gemäss Churer Steuerliste war Gioncada ein Hintersässe, der aber trotzdem – und ausserhalb der Zunft – sein Handwerk ausüben durfte; denn die Seidenwirkerei war ein seltenes Gewerbe, das offenbar von niemandem sonst in Chur betrieben wurde. Er starb zwischen 1618 und 1619.

Vermögende Geldgeber

Gioncada betrieb sein Geschäft mit Kapital von vermögenden Geldgebern aus den Drei Bünden: 1606 erhält er Geld von Ritter Thomas von Schauenstein, Ritter Rudolf von Schauenstein, Ritter Johannes Guler von Wyneck und fünf weiteren Edelmännern. 1615 steigen Jöri Gamser, Bürgermeister von Chur, wiederum Johannes Guler von Wyneck, Dr. Zacharias Beeli, Badearzt in Pfäfers und Oberzunftmeister von Chur, sowie Georg von Planta als Geschäftsparter ein. Die Geschäftstätigkeit wird im Gesellschaftsvertrag von 1615 geregelt, in dem unter Anderem steht, dass Gioncada seine Lehrlinge kostenlos ausbilden muss.

Ende einer alten handschriftlichen Urkunde. Vier Siegel mit Unterschriften.
Das Geschäft ist besiegelt: Jörj Gamser, Johann Peter Guler, Zacharias Beeli und Georg Planta unterschreiben den Gesellschaftsvertrag mit Timoteo Gioncada

Der Genfer wird kein Bundsmann

Aus einer weiteren Quelle geht hervor, dass Gioncada aus Genf stammte und sich Ende 1608 um Aufnahme als «Pundtsmann» bewarb, d. h. er bewarb sich um das Bürgerrecht der Drei Bünde. Wie damals üblich, wurde dieses Anliegen «auf die Gemeinden ausgeschrieben», also dem Gemeindereferendum unterstellt. Die Antwort der Gemeinden ist nicht erhalten; aus späteren Steuerlisten geht jedoch hervor, dass Gioncada weiterhin als Hintersässe galt. Das Begehren wurde also abgelehnt.

Eine Begründung findet sich in der Stellungnahme der Rebleutenzunft, die als einzige Antwort auf die Referendumsfrage erhalten ist: Es sei üblich, dass sich Hintersässen zuerst in einer Gemeinde einkauften. Dies solle Gioncada auch tun; danach könne man weitersehen.

Ein altes Dokument, der Name Thimotheus Giungada in gotisch aussehender Schrift
Thimotheus Giungada im Steuerregister der Stadt Chur, 1618

Ein namenloses Kind und Tochter Lucia

Die Churer Kirchenbücher weisen zwischen 1590 und 1610 grosse Lücken auf. Darum sind wir über Gioncadas Familie schlecht informiert. 1610 wurde ein Kind von ihm getauft, und eine Tochter Lucia wurde am 1. März 1652 beerdigt.

Ein altes Dokument, Text: Mertz, den 1., Lucia, des Timotheus Gionchada ehliche Tochter
Beerdigung der Lucia Gioncada am 1. März 1652

Literatur

Quellen/Bildnachweis

Gesellschaftsvertrag Manufaktur Gioncada, 1. August 1615: StAGR D V 3, Bd. 188, Nr. 122

Mehren der Rebleutezunft: Nr. 129, 8. Januar 1609, StAGR A II/2

Steuerliste der Stadt Chur, Stadtarchiv Chur, AB III F 14.014

Totenbuch der Stadt Chur, AB III S 13.06

 

Literatur

Margadant, Silvio: Eine Seidenmanufaktur in Chur im frühen 17. Jahrhundert. Bündner Monatsblatt, 1999

Florin, Franz Philipp: Oeconomus prudens et legalis. Oder allgemeiner kluger und rechts-verständiger Hauß-vatter, des klugen und rechts-verständigen Hauß-Vatters, Zweyter Band, die fünff letzten Bücher in sich enthaltend, 1751. S. 1124, verfügbar auf google play (Seidenproduktion in der Frühen Neuzeit).