Schalchett, Giannin

Die Romanfigur Giannin Schalchett, der Ehemann von Duonna Barbara, ist eine historisch belegte Person. Er wurde vermutlich um 1560 geboren und starb vor Oktober 1618. In den Bergüner Quellen, die damals alle deutschsprachig waren, taucht er als Jann oder Johann Schalkett auf.

Die Schalkett waren im 16. Jahrhundert die bedeutendste Familie Bergüns. Im Cudesch da Estims lassen sich zwei Linien ausmachen: die Jannöli-Linie und die Johann-Linie. Die Jannöli-Linie stellte den ersten Podestà der Familie: Jakob, genannt Jannöli (Inneli), war 1573 Podestà von Morbegno sowie wiederholte Male Mastrel des Gerichts Bergün. 1579 besass Podestà Jannöli ein Vermögen von 5500 Gulden, das der Familie in ungefähr derselben Höhe bis 1622 erhalten blieb.

Mit den Planta verschwägert

Die Johann-Linie war mehrfach mit der Familie Planta aus dem Engadin verschwägert (s. Stammbaum). Der Vater von Jann Schalkett, Johann Peter Schalkett, war mehrmals Mastrel von Bergün und wurde 1585 zum Podestà von Teglio gewählt. 1582 hatte er das Pariser Stipendium des Gotteshausbundes für zwei Jahre zugesprochen bekommen; Jann studierte wahrscheinlich um 1584/85 in Paris. 1586 musste er die Nachfolge seines Vaters als Podestà antreten, denn dieser starb während seiner Amtszeit.

14. Oktober 1582: Der Gotteshausbund spricht Johann Peter Schalkett eines der Pariser Stipendien zu.

Am 12. Juli 1588 heiratete Jann Schalkett Duonna Cilgia von Salis, eine Tochter des Bergwerksbetreibers Johann von Salis-Samedan (Vicari Żon). Johann von Salis war ein wichtiger Exponent der venedischen Partei und damit wahrscheinlich ein Gegner von Jann Schalketts Planta-Verwandtschaft (seine Mutter war eine Cousine des Bischofs Peter Planta). Ob sich der junge Jann Schalkett mit dieser Heirat über die Wünsche seiner Familie hinweggesetzt hat? Wir wissen es nicht.

Cilgia starb Ende 1591, bei oder kurz nach der Geburt ihres Sohnes Johann Peter Schalkett (Gian Pedrin). 1593 heiratete Jann Schalkett ein zweites Mal, und zwar Barbara von Planta-Wildenberg (Duonna Barbara), die Schwester von Rudolf und Pompejus von Planta. Mit Duonna Barbara hatte er vier weitere Kinder, Chiatrina, Balthasar, Rudolf und Barbla (mehr zu ihnen im Eintrag von Duonna Barbara).

Ämterlaufbahn

Jann Schalkett bekleidete verschiedene politische Ämter und taucht auch sonst allenthalben in den Quellen auf. 1585–86 war er Mastrel von Bergün (wobei er einen Teil dieser Zeit als Ersatz-Podestà in Teglio verbrachte), 1597–99 Podestà von Morbegno und 1611–12 noch einmal Mastrel des Gerichts Bergün. Auch sein Bruder Nuttin muss in den 1590er Jahren Mastrel gewesen sein, denn im Estim von 1599 wird er als Amma Nuttin Schalkett bezeichnet. (Mehr zu den Ämtern gibt es auf der Seite «Freistaat der Drei Bünde».)

1600 reiste Jann Schalkett nach Chur, um das Strassenbauprojekt am Bergünerstein dem Bundstag vorzustellen. Zusammen mit Mastrel Cla und Peter Jecklin wurde er 1607 von den Bergünern für zehn Jahre von allen Gemeindeämtern gebannt – ein Verbot, das nicht lange Bestand hatte: Bereits 1611 war Jann Schalkett wieder Mastrel von Bergün. Im Streit um die Mastrelwahl von 1610 spielte Jann Schalkett eine Vermitterrolle, und im Februar 1612 erstritt er auf dem Beitag in Davos das Stipendium des Königs von Frankreich für ein dreijähriges Studium in Paris für seinen Sohn Johann Peter (Gian Pedrin).

Das Zuozer Einverständnis

Ebenfalls 1612, am 10. Juni, unterzeichnete Jann Schalkett im Namen der Gemeinde Bergün das sogenannte «Zuozer Einverständnis» – ein Abkommen einiger Gemeinden des Gotteshausbunden, in dem sie beschworen, nie mehr mit Venedig ein Bündnis zu schliessen und fortan nur noch mit Frankreich verbündet zu bleiben.

Folgenschwere Verwicklung: «Johann Schalkett» im Text des Zuozer Einverständnisses, 1612.

Dieses Dokument verletzte die Satzungen des Dreibündestaates, gemäss denen Bündnisse mit auswärtigen Mächten nur vom Bundestag für alle drei Bünde geschlossen oder gelöst werden konnten. Seine Unterschrift brachte Jann Schalkett daher eine Zitation vor das Strafgericht von Thusis 1618 ein, doch er starb, bevor er in Thusis erscheinen konnte, im Oktober 1618.

Finanziell in der zweiten Reihe

Jann Schalketts Vater und Grossvater waren in den frühen Estims neben Podestà Jannöli und dem Vater von Mastrel Cla die reichsten Männer von Bergün gewesen. Doch Janns Vermögen erreicht mit «nur» 15 000 Gulden im Estim von 1609 seinen Höhepunkt. Im Estim 1622 besitzen seine nicht namentlich genannten Erben 10 000 Gulden, und in den zwei darauffolgenden Estims besitzen Rudolf und Barbla Schalket je 1 200 bzw. 1 200 und 1 000 Gulden. 1633 wird ein Hauptmann Baltisar Schalket mit 200 Gulden erwähnt – wahrscheinlich Sohn Balthasar, der später in Zernez lebte, aber in Bergün noch einen kleinen Besitz hielt.

Sohn Johann Peter (Gian Pedrin) war während seines Aufenthaltes in Paris zum katholischen Glauben übergetreten und hatte sich nach seiner Rückkehr in die Bünde in Cazis niedergelassen. Dort heiratete er 1624 Ursula von Planta, die Tochter von Johann Bartholomäus. Johann Peter starb 1629 in Mailand an der Pest.

 

Quellen/Bildnachweis

Kirchenbuch Bergün, Gemeindearchiv Bergün und Staatsarchiv Graubünden (Mikrofilm), StAGR A I 21 b 2/60.3

Cudesch da Estims von Bergün, in Privatbesitz, digitalisierte Version online hier.

Zusprache des Pariser Stipendiums des Gotteshausbundes an Johann Peter Schalkett. StAGR, AB IV 1/006, S. 93, 14. Oktober 1582

Johann Schalkett stellt dem Bundestag das Strassenprojekt vor, Bundestagsprotokolle Band 8, 2. Januar 1600, S.6. StAGR AB IV 1/008

Schreiben der ennetbirgischen Gemeinden, in Zuoz versammelt, ... ("Zuozer Einverständnis"). 10. Juni 1612. StAGR A II LA 1

Gotteshausbund, Verleihung des Stipendiums des Königs von Frankreich..., 27. Februar 1612. StAGR A II LA 1

Johann Schalkett ist verstorben, Protokoll des Strafgerichts Thusis, S. 181. StAGR AB IV 5/13

 

Literatur

Juvalta-Cloetta, L.: Einige Bemerkungen zur Schalchett'schen Familie. Bündnerisches Monatsblatt, 1930